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1. Mai 2004               

Evang. Oberkirchenrat Karlsruhe Referat Erziehung und Bildung
Evang. Oberkirchenrat Stuttgart Dezernat Kirche und Bildung
Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg Abteilung Schulen/Hochschulen
BischöfI. Ordinariat Rottenburg-Stuttgart Hauptabteilung Schulen

Leitlinien für die Beteiligung des Religionsunterrichts an der Schulentwicklung in Baden-Württemberg (allgemein bildende Schulen)

Angesichts zahlreicher Anfragen zur Beteiligung des Religionsunterrichts an der Schulentwicklung im Kontext der neuen Bildungspläne haben wir die folgende Zusammenstellung der Chancen und Regeln für die Beteiligung des Religionsunterricht erarbeitet und übergeben sie den Schulen, der staatlichen Schulaufsicht, den Religionslehrerinnen und Religionslehrern und den kirchlichen Beauftragten für den Religionsunterricht in unserem Bundesland als Leitfaden zum Inkrafttreten der Bildungspläne im Schuljahr 2004/2005.

1. Der Religionsunterricht leistet als gleichberechtigtes Fach unter Fächern einen eigenständigen und unverzichtbaren Beitrag zur Schulentwicklung und beteiligt sich deshalb engagiert daran. Zugleich ist der Religionsunterricht immer konfessioneller Religionsunterricht, der seinen besonderen Beitrag zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule als selbstständiges Fach in die Schule einbringt. Diese im besonderen Profil des Faches enthaltene Spannung bedarf der Beachtung und Konkretisierung bei der Beteili­gung des Religionsunterrichts an der Schulentwicklung.

2. Die Bildungsstandards für den Religionsunterricht in den Klassenstufen 2, 4,6, 8 bzw. 9, 10, 12 beschreiben den Kompetenzerwerb für die genannten Stufen. Für den Umgang mit der Kontingentstundentafel hat das Erreichen der Bildungsstandards in den jeweiligen Stufen grundsätzlich Vorrang. Verschiebungen innerhalb der Klassen 1 - 2, 3 -4, 7 - 8 (Hauptschule 7 - 9) und 9 -10 sind damit möglich. Sollte im Einzelfall der Wunsch entstehen, von diesem Grundsatz abzuweichen, ist dazu in der Planungsphase die Zustimmung der Beauftragten beider Kirchen erforderlich (siehe Stundentafel­Öffnungsverordnung vom 27.6.1998, K.u.U. S. 143). Bei der möglichen Verschiebung von Wochenstunden einzelner Fächer im Rahmen der Kontingentstundentafel sind der evangelische und der katholische Religionsunterricht parallel zu behandeln.

3. Der Religionsunterricht beteiligt sich am - das Kerncurriculum ergänzenden und vertiefenden - Schulcurriculum, indem er seine Kompetenzen und Inhalte in das Schulcurriculum einbringt. Dafür kann er bis zu einem Drittel seiner Stunden eines Schuljahres zur Verfügung stellen. Ein "Herausrechnen" von Unterrichtsstunden aus dem Religionsunterricht und Einbringen dieser Stunden in einen der Schule für allgemeine Aufgaben zur Verfügung stehenden Pool missversteht das Konzept des Schulcurriculums.

4. Der Beitrag des Religionsunterrichts im Rahmen der Entwicklung und Gestaltung des Schulcurriculums lässt sich in einer Zusammenarbeit mit allen anderen Fächern und Fächerverbünden realisieren. Eine grundsätzliche Festlegung auf nur einen Fächerverbund würde die religiöse Dimension unzulässig verkürzen und widerspräche den Vorgaben des Bildungsplans für den Religionsunterricht. Die Kirchen ermutigen die Religionslehrkräfte, sich an fachübergreifenden Vorhaben zu beteiligen und dabei das Spezifische des Faches einzubringen. Dazu ist die Zustimmung der an der Schule unterrichtenden Religionslehrkräfte beider Konfessionen Voraussetzung. Dazu bietet sich eine gemeinsame Fachkonferenz an, die im Rahmen der hier beschriebenen Regeln entscheidet.

5. Eine Zusammenarbeit der Fächer Evangelische Religionslehre und Katholische Religionslehre bei themenbezogenen Angeboten ist wünschenswert. Dabei können Schülerinnen und Schüler Projekte des Religionsunterrichts der jeweils anderen Konfession im zeitlichen Rahmen von bis zu einem Drittel eines Schuljahres mit entsprechender Einrechnung der dort erbrachten Leistungen besuchen. Die vom Religionsunterricht angebotenen Projekte sind grundsätzlich auch für Schülerinnen und Schüler offen, die sonst nicht am Religionsunterricht teilnehmen, selbstverständlich erfolgt deren Teilnahme dann mit allen Rechten und Pflichten. Dabei ist die Zustimmung der unterrichtenden Religionslehrkraft Voraussetzung (siehe Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums; zuletzt erlassen am 21.12.2000 K.u.U. S. 16/2001).

6. Die Kirchen begrüßen eine Beteiligung kirchlicher Religionslehrkräfte an Projekten und themenbezogenen Angeboten ausdrücklich. Sie ermutigen dazu und bitten zugleich
um Verständnis, wenn sich diese Lehrkräfte bei auf mehr als eine Schule verteilten Aufträgen nicht überall in gleicher Weise engagieren können. Dies schließt in gleicher Weise kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, die in ihrem Hauptamt pastorale, gemeindliche Dienste wahrzunehmen haben. Eine langfristige, verlässliche und von Anfang an alle beteiligende Planung von Projekten erleichtert dieser Gruppe die Mitarbeit.

7. Der in Ziffer 3 genannte Grundsatz gilt auch in Bezug auf Unterricht im Rahmen Themenorientierter Projekte in der Realschule, insbesondere für "Soziales Engagement". Auch in der Realschule ist der Religionsunterricht grundsätzlich offen für eine Beteiligung an allen themenorientierten Projekten, er ist nicht ausschließlich auf den Bereich des sozialen lernens beschränkt. Wie bei jedem Projekt bringen beim Projekt Soziales Engagement alle beteiligten Fächer Stunden, Kompetenzen und Inhalte und lehrerwochenstunden ein. Ein ausschließlicher Rückgriff auf Stunden des Religionsunterrichts ist nicht möglich. Dies gilt erst recht für den Fall, bei dem das Themenorientierte Projekt in einem Schuljahr durchgeführt werden soll, in dem der Religionsunterricht nach der Kontingentstundentafel nur einstündig erteilt wird. Kein Projekt kann für ein ganzes Schuljahr an die Stelle des Religionsunterrichts treten. Beteiligt sich der Religionsunterricht an einem Themenorientierten Projekt, orientiert er sich an den Kompetenzen und Inhalten des für ihn geltenden Bildungsplans. Sein Beitrag geht in angemessener Weise in die Verbal beurteilung und die Gesamtnote für das Projekt ein. Die Erteilung einer gesonderten Jahresnote im Fach Religionslehre ist davon nicht berührt.

8. Wenn bei einer geplanten Beteiligung kirchlicher Lehrkräfte an Projekten deputatsrelevante Auswirkungen zu erwarten sind, sind die Schulleitungen verpflichtet, rechtzeitig Kontakt mit der zuständigen kirchlichen Dienststelle aufzunehmen. In solchen Fällen ist eine Zustimmung der zuständigen Kirche zur geplanten Beteiligung erforderlich.

9. Die Kirchen bitten die jeweiligen kirchlichen Beauftragten um eine enge gegenseitige
Fühlungnahme bei Fragen der Beteiligung des Religionsunterrichts an der Schulentwicklung. Wenn sie sich bei der Beratung einer Schule abstimmen, stärkt dies den Religionsunterricht. Eine Beratung einer Schule durch nur eine Konfession bedeutet eine Erschwerung. Vor einer Mitteilung über eine Entscheidung suchen die kirchlichen Beauftragten die Zustimmung zur Entscheidung von der jeweils anderen Konfession. Die Fachkonferenzen sind gebeten, auch ihrerseits rechtzeitig Kontakt zu den Beauftragten beider Kirchen aufzunehmen. Die kirchlichen Beauftragten werden ihrerseits Kontakt mit ihren Schulabteilungen/Schulreferaten aufnehmen, wenn weitreichendere Fragen in ein­zelnen Schulen auftauchen sollten.

10. Die kirchlichen Beauftragten, die Medien- und Arbeitsteilen der Kirchen, die Schulabteilungen und Religionspädagogischen Institute der Kirchen geben gerne Hin­weise auf gelungene Beispiele für eine Beteiligung des Religionsunterrichts an der Schulentwicklung. Die regionalen Beauftragten geben die konkreten Anschriften solcher Einrichtungen gerne weiter.

Freiburg, Karlsruhe, Rottenburg, Stuttgart, den 7. April 2004

Dr. Michael Trensky Oberkirchenrat
Werner Baur Oberkirchenrat
Dr. Axel Mehlmann Domkapitular
Dr. Magdalena Seeliger Ordinariatsrätin

 

 
 
 

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