•      02.12.2019

Hamburg: Ein Religionsunterricht für alle Kinder

Bundesweit einmaliges Projekt wird weiterentwickelt – Kirchen und Religions­gemeinschaften ziehen an einem Strang

SchulklasseSeit den Staatsverträgen mit zahlreichen Religionsgemeinschaften entwickelte Hamburg seinen Religionsunterricht weiter – nun stellten der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe und die Spitzen der Religionsgemeinschaften ein bundesweit einzigartiges Konzept vor. Anders als in fast allen anderen Bundesländern wird der Religionsunterricht in Hamburg so gestaltet, dass dort Kinder aller Glaubensrichtungen und auch Kinder, deren Familien keiner Religionsgemeinschaft angehören, gemeinsam lernen. Zwar werden schon seit vielen Jahrzehnten alle Religionen in den Unterricht einbezogen. Doch die Inhalte des Schulfaches Religion wurden bislang allein von der evangelischen Kirche verantwortet. Zukünftig wird der Religionsunterricht in Hamburg gleichberechtigt von mehreren Hamburger Religionsgemeinschaften verantwortet und von Religionslehrkräften unterschiedlichen Bekenntnisses unterrichtet. „Das gemeinsame Lernen der Kinder ist eine wunderbare Idee für unsere religiös und kulturell vielfältige Stadt“, hebt Senator Rabe vor: „Es wird kein ganz anderer Religionsunterricht, aber ein besserer, der die verschiedenen Religionen und Weltanschauungen gleichberechtigt berücksichtigt.“

Während in den anderen Bundesländern der Religionsunterricht nach Religionen und Konfessionen getrennt erteilt wird, setzt Hamburg auf einen gemeinsamen „Religionsunterricht für alle“. Die Schulbehörde spricht die Inhalte nun aber nicht mehr allein mit der evangelischen Kirche ab, sondern auch mit der jüdischen Gemeinde, den drei islamischen Religionsgemeinschaften Hamburgs, der alevitischen Gemeinde und dem katholischen Erzbistum.

Das hat auch konkrete Folgen: Nicht mehr nur evangelische, sondern auch jüdische, muslimische, alevitische und voraussichtlich auch katholische Lehrkräfte können von nun an den Religionsunterricht erteilen – vorausgesetzt, sie haben ein vollständiges Studium und ein ordentliches Referendariat absolviert. Anders als in anderen Bundesländern soll der Unterricht weiterhin ausschließlich von staatlichen Lehrkräften erteilt werden, Geistliche und Mitarbeiter der Religionsgemeinschaften bleiben ausgeschlossen. Die verschiedenen Religionen bleiben Pflichtthema, können künftig aber authentischer unterrichtet werden. Darüber hinaus werden zahlreiche Fragen nach Werten, nach einem gelungenen Zusammenleben und sogar Religionskritik erörtert. Wie das gehen kann, wurde seit dem Schuljahr 2014/15 an mehreren Pilotschulen erprobt, eine umfangreiche wissenschaftliche Begleitevaluation gab weitere Impulse.

Weil der Religionsunterricht im Grundgesetz verankert ist, betritt Hamburg auch rechtliches Neuland: Ein verfassungsrechtliches Gutachten bestätigte den eingeschlagenen Weg. Aufbauend auf den bereits guten Erfahrungen mit dem gemeinsamen Lernen im bisherigen Religionsunterricht für alle wird das neue Konzept in den nächsten Jahren sukzessive an allen Hamburger Schulen eingeführt. Die zukünftigen Rahmenpläne sehen vor: „Der Religionsunterricht wendet sich an alle Schülerinnen und Schüler – ungeachtet der persönlichen Überzeugungen und religiösen Prägungen, die für sie persönlich bedeutsam sind. Er ermöglicht, Religionen und andere Überzeugungen kennenzulernen, über sie nachzudenken und sich ein kenntnisreiches und differenziertes Urteil zu bilden. Wer sich einer Religion verbunden fühlt, kann Kenntnisse vertiefen, andere Überzeugungen und Lebensweisen kennenlernen, persönliche Auffassungen reflektieren und so die eigene religiöse Identität vertiefen. Jene, die keinen ausgeprägt religiösen Hintergrund haben, sich in Distanz oder Widerspruch zu jeglicher Form von Religion verstehen, können ihre kritisch-distanzierte Sichtweise in der Sache fundieren und religiöse Hintergründe anderer besser verstehen.“
Quelle: Pressemitteilung der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung

siehe dazu auch: Perspektivwechsel im Religionsunterricht (Pädagogisch-Theologisches Institut der Nordkirche)



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